Eigentlich wollte ich heute einen Brief an die Brieffreundin schreiben, die Geburtstag hat. Aber nein, heute morgen habe ich noch dran gedacht, dann war der Gedanke weg und fiel mir erst wieder am Abend ein. Zu spät, der Briefkasten wurde schon längst geleert und zu spät soll mein Brief ja auch nicht ankommen. Mist, da muss dann das Telefon herhalten. Aber eigentlich habe ich ja morgen auch gar keine Zeit zu telefonieren. Oder erst spät. Zu spät für die früh ins Bett gehende Freundin. Nun ja, ich versuche dran zu denken und ihr wenigstens kurz liebe Grüße überbringen. Schade, dass es nicht per Post geklappt hat. Ich ärgere mich über mich selber. Sie ist doch meine Brieffreundin und nicht meine Anruffreundin!

Sie ist übrigens meine Brieffreundin seit wir mal zusammen in Urlaub an der Nordsee waren. Ich glaube wir waren 12 Jahre alt. Es war ein toller, langer Urlaub. 3 Wochen, so lange war ich vorher noch nie weg von meinen Eltern. Seitdem schreiben wir uns. Mehr oder weniger oft. Wir haben viel zusammen erlebt und wissen viel über die andere. Es ist toll, so eine Freundin zu haben und ich bin unendlich dankbar dafür. Briefe zu schreiben erdet mich. Da muss ich nachdenken, wie ich den Satz schreibe. Es ist ganz anders als per Email oder sonstwie elektronisch. Auch das Schreiben an sich geniesse ich inzwischen sehr. Selten schreibe ich so lange Text von Hand an einem Stück. Das macht Spaß, auch wenn meine Handschrift nicht die schönste ist. Ich verkünstele mich allerdings auch nicht. Es soll ja kein Kunstwerk entstehen. Ab und zu treffen wir uns, je nachdem wer grad wo wohnt und wie es zeitlich passt. Unsere Leben sind sehr unterschiedlich. Ich weiß nicht, ob uns engerer Kontakt gut tun würde. Wir haben einen respektvollen Abstand zueinander und schreiben uns doch sehr intime Dinge. Es ist eine seltsame Freundschaft, der ich mich jedoch über die Jahre sehr verbunden fühle. Ich hoffe, wir schreiben uns noch viele weitere Jahre. Ab und zu ein Telefonat lässt sich da sicher verzeihen und tut auch mal ganz gut. Es ist schön, deine Stimme zu hören, du machst mir meistens gute Laune. Und ja, deine Briefe liebe ich auch sehr. Briefe von dir sind inzwischen die einzigen privaten Briefe. Handgeschrieben, oftmals ist der Umschlag liebevoll bemalt oder beklebt. Auch die Kinder wissen sofort, von wem der Brief ist.

Danke, dass du meine Brieffreundin bist. Danke für all die Jahre. Danke für all die Briefe. Ich bin froh, dass ich dich kennengelernt habe.

P.S. im Adventskalender waren heute Kinderschokoriegel.