Unsere Kinder sind inzwischen ja schon relativ gross, 11 und 15 Jahre alt. Daher haben wir schon verschiedene Phasen mitgemacht.

Am Anfang, wenn der Zauber noch inne wohnt und man sich gegenseitig kennenlernt. Das Kind, das uns verzaubert hat, ist so süß, ein Wunder und dennoch so anstrengend. Puh, diese Nächte….

Wenn das Kind die grundlegenden Dinge lernt, laufen, essen usw. dann ist man immer noch voller Bewunderung für diesen Mensch, der so gar nix konnte und nach und nach seine und unsere Welt erobert.

Mit der Sprache beginnt die Menschwerdung, sagt die Ärztin und manches wird einfacher, weil man sich verständigen kann. Dennoch waren bei uns die Nächte immer noch sehr, sehr anstrengend.

Mit dem Beginn von Kindergarten oder Kita gewinnt man neue alte Freiheit. Oder auch nicht, denn meistens gehen die Eltern dann ja arbeiten. D.h. bei den meisten ist es ein Zurück in die Sklaverei. Das Kind ist immer noch süß, aber auch anstrengend, da kommt die Trotzphase, die Schimpfwörter, die in der Betreuung aufgeschnappt werden und natürlich ständig Krankheiten, manchmal nur eine Rotznase, manchmal Magen-Darm. Immer, immer ist irgendwas.

Spätestens mit Schuleintritt beginnen für viele die Schwierigkeiten. Das Kind muss jetzt Sachen machen, egal ob es Lust dazu hat oder nicht. In der Schule wird es im besten Fall gefordert, oft jedoch auch unter- oder überfordert. Es muss sich in die Gruppendynamik einer Schulklasse einfinden und ist nicht mehr so beschützt wie im Kindergarten. Das Kind ist noch süß, aber schon auch sehr anstrengend. Viele Eltern fühlen sich in ihre Schulzeit zurückversetzt und übertragen ihre Probleme von damals auf ihre heutigen Kinder. Meistens kommen die Kinder in der Grundschule noch gut mit und gehen oft sogar gerne in die Schule. Danke Lehrerinnen und Lehrer, ihr macht meistens einen großartigen Job. Manche Kinder gehen allerdings auch unter, verloren in der Masse oder werden gar gemobbt. Die freuen sich nicht auf die Schule und fühlen sich als Versager oder Opfer.
In Baden-Württemberg beginnt der Streß in der dritten Klasse, weil sich da oftmals entscheidet, auf welche weiterführende Schule das Kind gehen wird. Es gibt Tests und Prüfungen, die manche Kinder sehr belasten. Die Eltern sind oftmals auch keine große Hilfe, sondern verstärken den Druck nur, oft auch unbewusst. Akademikerkinder haben es in der Regel leichter, eine Empfehlung für das Gymnasium zu bekommen. Das ist zumindest die Erfahrung, die wir gemacht haben. Ob das gut ist, sei dahingestellt. Vermutlich bekommen sie einfach mehr Förderung.

In der weiterführenden Schule hört der Druck jedoch nicht auf, gerade in der fünften Klasse wird oft rigoros ausgesiebt. Die Kinder müssen lernen, lernen, lernen. Bei einem Kind ist der Kontakt zu den Klassenkameraden aus der Grundschule abgebrochen, diese Kinder waren nachmittags nicht mehr präsent und mussten auch in den Ferien lernen, lernen, lernen. Sie waren weg vom Fenster, im wahrsten Sinne des Wortes. Andere Kinder müssen sich spätestens in der sechsten Klasse entscheiden, ob sie lieber Sport machen oder ein Musikinstrument lernen wollen. Beides lässt sich mit dem Schulalltag nicht mehr vereinbaren. Der Druck lässt nicht nach und die Kinder müssen lernen, lernen, lernen.

Dann kommt die Pubertät und die ehemals süßen Kinder sind gar nicht mehr süß. Sie stinken und haben Pickel, hören komische Musik und sind aufmüpfig. Die Zeit ist anstrengend und nicht wenige Eltern geben ihre Kinder auf. „Ich habe gar keinen Kontakt mehr“, „mir fehlt der Bezug zum Kind“, „der lässt mich gar nicht mehr an sich ran“, höre ich oft. Viele Eltern geben ihre Kinder auch wirklich auf und schicken sie auf ein Internat. Finanzielle Möglichkeiten vorausgesetzt. Dort sollen die Kinder zur Räson kommen, den höchstmöglichen Schulabschluss erreichen und dürfen dann, wenn sie wieder salonfähig sind, zurück zu den Eltern.

Manchmal ist das sogar der bessere Weg, glaube ich.